Eine Begleiterscheinung der MS, mit der fast alle Betroffenen zu kämpfen haben, ist die chronische Müdigkeit oder Fatigue, die gegen Abend oder bei Wärme stärker werden kann. Bis zu 6 Stunden oder mehr am Tag kann dieser Antriebs- oder Energiemangel die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit einschränken, so dass oft nur der Sessel oder das Sofa als Rückzugsort bleiben. Die Fatigue beeinträchtigt oft auch die Arbeitsfähigkeit und behindert die sozialen Kontakte. ¹

Woher kommt diese Müdigkeit?
Die Ursachen der Fatigue sind noch nicht eindeutig geklärt. Doch man geht heute von mehreren Einflussgrößen aus, die zu dieser schnellen Ermüdbarkeit beitragen:
- Entzündungsstellen im Gehirn (Läsionen). Hier können Gehirnregionen betroffen sein, die für die Wachheit zuständig sind, aber auch Regionen mit Nervenzellengruppen, die Botenstoffe produzieren, die für Antrieb und Motivation wichtig sind. Zusätzlich beeinflussen die Entzündungen generell die Informationsverarbeitung im Gehirn und tragen so zum Erleben der Fatigue bei.2
- Zytokine. Auch außerhalb des Zentralnervensystems kommt es zu Entzündungen, bei denen sogenannte Zytokine entstehen. Diese stören die Produktion von Botenstoffen, die für Antrieb und Motivation wichtig sind.2
- Kompensatorische Aktivierung von Gehirnnetzwerken. Das Gehirn besteht aus Netzwerken, die für bestimmte Funktionen zuständig sind. Wenn durch Entzündungsstellen (Läsionen) bestimmte Funktionen behindert werden, verlagert das Gehirn diese in andere, eigentlich nicht zuständige Netzwerke, die die Behinderung kompensieren. Dies führt zu einer Überaktivierung, die langfristig an der Fatigue beteiligt sein könnte.2
Es gibt also vermutlich sehr handfeste Faktoren, die die Entstehung der Fatigue bei MS verursachen. Wie Du vielleicht selbst schon erfahren fast, wird aber diese Müdigkeit und Erschöpfung von anderen häufig nicht als Folge der Erkrankung gesehen und verstanden. Vielleicht hilft es, an der einen oder anderen Stelle einmal auf diese möglichen Ursachen hinzuweisen.
Sechs Anregungen
Der erste Schritt zum Umgang mit der Fatigue ist es, sie zu akzeptieren. Dies bedeutet aber nicht, zu resignieren. Es bedeutet nur, Dich selbst nicht an dem zu messen, was für andere ohne Fatigue selbstverständlich möglich ist, sondern für Dich realistische Ziele zu setzen. Es gibt auch einige Möglichkeiten, wie man der Fatigue begegnen kann1:
- Überlastungen und Stress vermeiden – für viele Betroffene sind dies Trigger für Fatigue
- Ruhepausen einlegen – wenn die Energie fehlt, konsequent eine Auszeit nehmen
- Ausdauersportarten – Aktivitäten wie Nordic Walking, Radfahren, Schwimmen oder Laufen erhöhen die körperliche Belastbarkeit
- Rehabilitationsmaßnahmen – körperliches Training im Verbund mit einer Schulung zum besseren Einsatz der eigenen Energie und zum Einsatz von Hilfsmitteln
- Senkung der Körpertemperatur und die Vermeidung von Hitze bei Wärmeempfindlichkeit – z.B. durch Kühlwesten, Stirnbänder oder Nackentücher, durch kalte Bäder, Klimaanlagen in Haus oder Auto
- Viel trinken, täglich 2 bis 3 Liter (am besten Mineralwasser) – denn Flüssigkeitsmangel kann die Fatigue verstärken; bei Problemen mit Herz oder Nieren sollte die Trinkmenge mit der Ärztin oder dem Arzt abgestimmt werden
Medikamentöse Therapien speziell für die Fatigue gibt es nicht. Es werden aber bisweilen andere Medikamente eingesetzt, die jedoch nicht für die Behandlung der Fatigue zugelassen sind.1 Dein medizinisches Behandlungsteam kann auch hierzu weitere Informationen geben.
Quellen: